HANDLUNG Immer schon gab es nur zwei Jungs, die Bellys Herz erobern konnten: Conrad und Jeremiah. In diesem Sommer muss Belly eine Entscheidung treffen und sich über ihre Gefühle endgültig klar werden. Seit zwei Jahren ist sie mit Jeremiah zusammen, als er ihr plötzlich einen Heiratsantrag macht. Belly stürzt sich überglücklich in die Hochzeitsvorbereitungen. Doch ihre Eltern halten die Hochzeit für völlig verfrüht, und nach einem Streit mit ihrer Mutter bricht Belly zu dem Ort auf, an dem sie so viele glückliche Sommer verbracht hat. Dort trifft sie Conrad, der ihr seine Liebe gesteht...
ERSTER SATZ Als ich noch klein war, haben meine Mom und ich uns mittwochabends immer alte Musicals angeschaut, darauf standen wir beide total.
SPOILERWARNUNG Dieser Artikel befasst sich kritisch mit den Inhalten des Romans und enthält Spoiler. Bitte beachte, dass die Meinung in diesem Blogartikel individuell ist und auf meiner persönlichen Einschätzung basiert. Literaturgeschmack ist subjektiv, und andere Leserinnen und Leser können und werden den Roman anders wahrnehmen.
MEINE MEINUNG Warum habe ich mir das angetan? In der Hoffnung, im dritten und letzten Band könnten die Charaktere gereift sein und die Geschichte an Fahrt aufnehmen, habe ich den zweiten Band übersprungen. Immerhin habe ich mir so 1/3 der Qualen, die mir diese Reihe bereitet hat, erspart. College-Jeremiah, der nur noch ans Saufen und Kiffen denkt und Daddys’ Geld verprasst, als hätte er es im Lotto gewonnen, war genau die unangenehme Charakterentwicklung, die es brauchte, um Conrad am Ende wieder als finalen Mann an Bellys’ Seite zu akzeptieren.
Warum fehlt Belly jegliche Persönlichkeit?
Belly hat am College bis auf ihre alte Freundin Taylor (die man spätestens in diesem Teil der Reihe guten Gewissens in die Wüste hätte schicken können) und Annika (gegen die ich als einzigen Charakter keine Einwände habe) keine wirklichen Freunde. Ihr Leben scheint zu stagnieren. Viel lieber konzentriert sie sich darauf, ihre Zeit mit Jeremiah zu verschwenden, der mit den Gedanken bei “seinen” Jungs ist, die das klassische amerikanische Collegeleben leben, wie es im Buche steht. Von einer eigenständigen Persönlichkeit fehlt bei Belly jede Spur. Einen Charakterzug an ihr zu finden, der nicht darin besteht, sich über Einflüsse von außen zu definieren, ist reine Zeitverschwendung.
Umstrittene Hochzeitspläne und Realitätsverlust der Protagonistin
Nachdem Belly herausgefunden hat, dass die Beziehungspause mit Jeremiah ihm als Anlass diente, mit irgendeinem Mädel ins Bett zu steigen, steigt ihr die Wut fast zu Kopf. Bei Freundin Taylor lässt sie sich darüber aus, dass sie nicht weiß, ob sie nach diesem großen Vertrauensbruch Jeremiah jemals wieder vergeben kann. Wenige Tage später fällt er vor ihr in die Knie, in einem Moment, der unspektakulärer nicht sein könnte, und bittet Belly, ihn zu heiraten. Dass mein Kopf nicht explodiert ist, als sie tatsächlich zustimmt, wundert mich noch immer. Lieber unvernünftig sein und sich beweisen anstatt realisitsch. Auch der Titel passt so gar nicht zum Inhalt des Romans. Die hingebungsvoll überzogenen Hochzeitsvorbereitungen seitens Belly inspirieren doch eher zu: “Der Sommer, der Leser an den Rand der Verzweiflung trieb.”
Belly wirkte in diesem letzten Teil keinen Deut reifer als im ersten Roman und stürzt sich unheilvoll auf die Hochzeitsplanungen mit Jeremiah, der weniger begeistert nicht sein könnte. Nicht nur einmal wird Conrad für den Bräutigam gehalten, welch ungeschickte Verwechslung, die ja so ganz und gar nicht erzwungen wirkt, nein. Und oh, der Neid. Noch immer ist Belly tierisch eifersüchtig auf Taylor und es ist immer noch unfassbar nervig. Ganz ehrlich, warum sind die beiden überhaupt befreundet?
Die Teenie-Hochzeit ist von der ersten Sekunde an naiv und Anlass zum Fremdschämen. Belly will anfangs auf keinen Fall auf das Geld von Jeremiahs’ reichem Daddy angewiesen sein. Es dauert nicht lange, bis sie einsieht, dass sie trotz selbstgesammelter Muscheldeko ihr eigenes Budget, vermutlich bestehend aus einigen Monaten Taschengeld, sprengt. Also beginnt sie fröhlich, das Geld ihres zukünftigen Schwiegervaters zu verprassen und pfeift dabei komplett auf die Abwehrhaltung ihrer Mutter. Belly kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass ihre Mutter die Hochzeit nicht gutheißt und versucht nicht einmal, herauszufinden, warum.
Conrads' fragwürdigen Verpflichtungen und Rechtfertigungen
Conrad ist wie ein Geist, taucht zu den passenden Momenten auf und sieht untätig zu, wie sein Bruder Jeremiah seine angeblich große Liebe heiraten will. Conrad ist offenbar deutlich gereift und steht in ganz klarem Kontrast zu Jeremiah. Diese Entwicklung ist unrealistisch. Seine ständige Rechtfertigung, er habe Belly nur weggestoßen, weil er seiner Mutter versprochen hat, sich um Jeremiah zu kümmern, ist überzogen und kindisch. Mal abgesehen davon hat er Belly auch schon vor dem Tod seiner Mutter wie Dreck behandelt. Trotzdem, statt wie ein Mann das Gespräch zu seinem Bruder zu suchen, lässt er zu, dass der seine Freundin, die beide durch ihr gesamtes Leben begleitet hat und selbst für deren Mutter wie die Tochter war, die sie nie hatte, wie einen Fußabtreter behandelt. Es fällt mir schwer zu glauben, dass das in Susannahs’ Sinne gewesen sein soll.
Entfremdung von Jeremiah
Während Conrad durch den Verlust seiner Mutter offensichtlich wenigstens Mann geworden ist, mutiert Jeremiah zum Trinker und Spaßvogel, der alles auf die leichte Schulter nimmt. Jeremiah wirkt in diesem Band wie eine komplett andere Person. Als hätte Jenny Han verzweifelt versucht, den Leser dazu zu bringen, Jeremiah nicht mehr zu mögen. Im zweiten Band soll es eine Szene gegeben haben, in der Conrad endlich von Belly ablassen kann, weil Jeremiah ihm verspricht, dass er sie gut behandeln wird. Davon habe ich im dritten Teil nichts mitbekommen. Und nur, weil Jeremiah plötzlich unausstehlich ist, macht es Conrad nicht automatisch zur besseren Wahl für Belly. Dass Jeremiah Belly abseits der Romanseiten betrügt und dieser Fakt wie beiläufig eingestreut wird, hat mich absolut nicht überzeugt und wirkte erzwungen. Trotzdem hat die Wendung ihren Zweck erfüllt: Jeremiah war er bei mir untendurch. Erst recht, als sich seine Kumpel in der Nacht seines Junggesellenabschieds komplett besoffen über die Geräuschkulisse in jener Nacht mit Lacie austauschen.
Was wurde aus Steven? Der verlorene Charakter
Was mit Steven ist? Nun, er kommt praktisch nicht vor. Während er im ersten Band noch halbwegs inkludiert wurde, durfte er im dritten Band die Bildfläche nicht mehr betreten. Vielleicht war es besser so und Jenny Han hat uns einen vierten entsetzlichen Charakter erspart.
Ein unfertiges Ende und eine überraschende Entscheidung
Der Hoffnungsschimmer am Horizont: Belly entscheidet sich gegen die Hochzeit mit Jeremiah. Überraschungsmoment, denn so viel eigenständige Entscheidungskraft hätte ich ihr nach den zwei quälenden Bänden und dem dümmlichen Romantik-Geplänkel wirklich nicht mehr zugetraut. Das Ende ist das Einzige, das sich richtig anfühlt, denn nachdem Jeremiah Belly betrogen hat, dürfte er bei einem Großteil der Leser untendurch sein. Dennoch bleiben viele Fragen offen und das Ende wirkt unfertig. Come on, wir haben uns durch drei Romane durchgequält und uns in mehr als deutlichen Hinweisen von Jenny Han dazu bringen lassen, Conrad trotz seines ekelhaften Verhaltens als finalen Mann an Bellys’ Seite zu akzeptieren, nur um dann deren Beziehung auf drei Seiten gescmiert zu lesen? Selbst Jenny Han scheint gemerkt zu haben, dass das nicht ausreicht, um den Leser von der liebevollen Verbindung zu überzeugen und streut angeblich stattgefundene Momente aus der Vergangenheit ein, an die Belly oder Conrad sich erinnern. Dieser verzweifelte Versuch, Conrad wieder zu dem Heiligen zu machen, als den Belly ihn wahrnimmt, ist peinlich und ich habe mich fremdgeschämt.
Kritischer Blick auf Bellys' Selbstwertgefühl
Ich hätte mir für Belly wirklich gewünscht, dass sie die Einsicht hat, dass sie etwas Besseres verdient hat und sich endlich von beiden Brüdern abwendet. Eine einfache Entschuldigung kann deren respektloses und degradierendes Verhalten ihr gegenüber nicht wieder in Ordnung bringen und erweckt für junge Leser gar den Eindruck, eine solche Entwicklung sei erstrebenswert oder die Normalität. Hätte ich diese Buchreihe vor zehn Jahren gelesen, so hätte meine Meinung definitiv anders als heute ausgesehen. Ich kann nur hoffen, dass keine jungen Mädchen, die mit Selbstzweifeln zu kämpfen haben, diese Romane aufgrund fehlender Erfahrungswerte als Standard nehmen und sich von ihren zukünftigen Partner*innen so behandeln lassen.
Das Ende der Tortur: Mein Gesamteindruck des Abschlussbandes
Man nehme eine unreife Achtzehnjährige, die erzählt, als sei sie zwölf und die absolut hirnverbrannte Handlung, dass dieses Mädchen heiraten will: Man bekommt einen überzogenen Roman, der an Naivität nicht mehr zu überbieten ist. Die Dialoge wirken oft gezwungen und unglaubwürdig. Gott sei Dank ist es vorbei. Diese Buchreihe ist für junge Erwachsene, die mindestens ein halbes Gehirn ihr Eigen nennen, eine maximale Tortur. Es wäre spannender, einem Baum beim Wachsen zuzusehen, als sich durch diesen Roman zu quälen.
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