BUCHREZENSIONEN. FILMKRITIKEN. ZITATESAMMLUNGEN.

31. Juli 2023

WELTEN DESIGNEN UND VON GRUND AUF ERSCHAFFEN: REZENSION "CRYPTOS" VON URSULA POZNANSKI



HANDLUNG Kerrybrook ist Janas Lieblingswelt: Ein idyllisches Fischerdorf mit viel Grün und geduckten Häuschen. Es gibt Schafe, gemütliche Pubs und vom Meer her weht ein kühler Wind. Manchmal lässt Jana es regnen. Meistens dann, wenn es an ihrem Arbeitsplatz mal wieder so heiß ist, dass man kaum mehr atmen kann. Jana ist Weltendesignerin. An ihrer Designstation entstehen alternative Realitäten, die sich so echt anfühlen wie das reale Leben: Fantasyländer, Urzeitkontinente, längst zerstörte Städte. Aber dann passiert ausgerechnet in Kerrybrook, der friedlichsten Welt von allen, ein spektakuläres Verbrechen. Und Jana ist gezwungen zu handeln... 

ERSTER SATZ Heute lasse ich in Kerrybrook die Sonne scheinen.

MEINE MEINUNG Von dem Roman "Cryptos" habe ich viel Gutes gehört. Nicht nur, dass meine lesebegeisterten Freunde regelmäßig von Ursula Poznanski schwärmen und ich tatsächlich bis vor ein paar Tagen kein einziges Wort von ihr gelesen habe, nein, sondern auch "Cryptos" stand bei ihnen sehr hoch im Kurs. In der Bücherei entdeckt und ganz spontan mitgenommen, bereue ich inzwischen, nicht auch noch den anderen Roman, den ich von Poznanski in der Hand hatte, mitgenommen zu haben. 

TITEL Der Titel passt gut zum Romaninhalt und trifft den Nagel somit auf den Kopf. 2/2

COVER Das Cover wirkt durch die dunklen Farben etwas geheimnisvoll, als Leser weiß man durch den Weltenausschnitt noch nicht recht, was man erwarten kann. Gleichzeitig wirkt das Cover dystopisch und macht Lust auf den Inhalt. Allerdings kein großer Wiedererkennungswert. 2/3

INHALTSANGABE Verhältnismäßig wenig erfahren wir in der Inhaltsangabe über Jana, die als Weltendesignerin arbeitet und virtuelle Welten als Lebensraum für Menschen entwirft, die der Realwelt entfliehen wollen. Aber trotzdem genug, um sich ein grobes Bild vom Roman zu machen, ohne dabei das Wesentliche zu verraten. An der Formulierung hätte man etwas feilen können, aber im Großen und Ganzen gelungen. 3/4

IDEE Ich habe mich vor ein paar Tagen beim Gedanken ertappt, dass es heutzutage schwierig ist, eine Geschichte zu erfinden, die nicht in unterschiedlichsten Punkten Parallelen zu anderen Geschichten aufweist. Und doch existieren neben klassischen Liebesgeschichten, Coming-of-Age-Romanen und Thrillern mit Gärtner als Mörder auch immer noch viele talentierte Autoren mit außergewöhnlichen Ideen. Ursula Poznanski hat mich mit "Cryptos" überzeugt, eine von ihnen zu sein. Ich war sehr gefesselt von der Idee. 4/4

UMSETZUNG Die Umsetzung war sehr gelungen und meine Sorge, dass der Höhepunkt des Romans zu früh erreicht wird, hat sich nicht bestätigt. Stattdessen bekommt der Leser eine spannende Handlung, bei der ein Höhepunkt den anderen jagt und es schwerfällt, das Buch wegzulegen. Die Lösung zum Ende hin wirkt gutgläubig, aber viele unerwartete Wendungen machen das wett. 3/4

SCHREIBSTIL Der Schreibstil ist sehr flüssig und durch viele bildhafte Beschreibungen entsteht im Kopf eine ganz eigene Welt. Ich fühlte mich als Teil der Handlung und konnte durch die visuellen Reize ausgesprochen gut in die Handlung eintauchen. Die gewisse emotionale Tiefe hat mir an der ein oder anderen Stelle gefehlt. 4/5

CHARAKTERE Die Charaktere waren mir durch die Bank weg sympathisch, sodass es auch bei Protagonistin Jana nicht schwerfiel, sie zu mögen. Ihre Handlungen lassen sich nachvollziehen. Sie ist mutig, lässt nichts anbrennen und zögert nicht, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen. Dennoch hatte ich das Gefühl, Janas gefühlstechnisch nicht immer ganz begleiten zu können, da an Emotionsausbrüchen definitiv gespart wird. Eine tiefe emotionale Verbindung gab es demnach nicht. Die Anzahl der Charaktere ist überschaubar, sodass es verhältnismäßig leicht ist, den Überblick zu behalten. 2/3

GESAMTEINDRUCK Was erstmal wie Zukunftsmusik klingt, hat einen erschreckend realen Beigeschmack und wirft die Frage auf, wohin wir uns im digitalen Zeitalter bewegen. Der Roman ist nicht nur spannungsreich und beschreibt ein potenzielles Zukunftsszenario, sondern schafft es gleichzeitig, wichtige politische Themen wie den Klimawandel aufzugreifen. Ein sehr lesenwerter dystopischer Roman, der mich durch die Idee und die gelungene Umsetzung absolut überzeugen konnte.

20/25 - Virtuelle Welten als Zukunftsszenario für einen von Umweltkatastrophen heimgesuchten Planeten.

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