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12. Juli 2023

DAS WUPPERTAL DER 40ER UND 80ER JAHRE: REZENSION "DER HIMMEL AM NÄCHSTEN MORGEN" VON IRA LAUDIN


HANDLUNG Wuppertal, 1945: Kurz vor Kriegsende entgeht die junge Lissi bei einem Bombenangriff nur knapp dem Tod. Zum Glück findet sie bei ihrer Tante und deren zwei Kindern ein neues Zuhause. Die schwere Nachkriegszeit ist geprägt von Hunger, Kälte und Wohnungsnot. Dann wird der siebzehnjährige Johann, ein Vertriebener aus Pommern, ausgerechnet in Lissis Rückzugsort einquartiert, in die versteckte Kammer unter dem Dach. Sie verliebt sich in den selbstbewussten Jungen, als dieser unerwartet an Tuberkulose erkrankt und weit weg zur Kur muss.
Wuppertal, 1979: Lissis Mann Johann stirbt bei einem Verkehrsunfall. Sie bleibt allein mit ihrer achtzehnjährigen Tochter Miriam zurück. Ein Jahr darauf meldet sich ein alter Bekannter bei Lissi, erst jetzt erfährt dieser vom tragischen Tod seines Jugendfreundes Johann. Zu ihrer eigenen Überraschung ist sie von Georg und seinem unkonventionellen Lebensstil fasziniert...

ERSTER SATZ Opas Apfelbaum stand kahl und knorrig auf der Wiese hinter dem Haus.

MEINE MEINUNG Zunächst möchte ich mich beim Verlag Droemer Knaur für dieses tolle Rezensionsexemplar und das damit verbundene Bloggerpäckchen mit Goodies bedanken! Eigentlich rede ich mir selbst ein, kein Fan von historischen Romanen zu sein - doch mit "Der Himmel am nächsten Morgen" erlebte ich eine große Überraschung. 

TITEL Der melodische Titel gefällt mir gut und steht in Verbindung zum Inhalt des Romans. 1/2

COVER Das Cover schmeichelt dem Betrachter durch die harmonischen Farben. Im Hintergrund lässt sich eher undeutlich Wuppertal erkennen, während im Vordergrund das junge Paar Lissi und Johann abgebildet ist. Aufgrund der Vielzahl ähnlicher Cover hat der Roman leider rein äußerlich wenig Alleinstellungsmerkmale. 1/3

INHALTSANGABE An sich gefällt mir, dass bereits in der Inhaltsangabe deutlich wird, dass die Geschichte in zwei verschiedenen Jahren bzw. um sie herum spielt, jedoch wird in meinen Augen leider zu viel Inhalt verraten, vor allem, dass der aus Pommern vertriebene Johann, in den sich die junge, vierzehnjährige Lissi verliebt, dann letztlich auch der Mann wird, den sie in einem späteren Leben heiratet. 1/4

IDEE Die Idee gefällt mir gut. Die Liebesgeschichte von Lissi und Johann, die einst so romantisch, aufregend und verboten begann, endet mit dem Verkehrsunfall von Johann jäh. Lissi muss nun ihr Leben ohne ihren geliebten Ehemann bestreiten. Tochter Miriam ist ihr dabei eine große Stütze. Nichtsdestotrotz habe ich die auf die Liebesgeschichte fokussierte Erzählung eher als klassisch empfunden. Der Roman spielt in Wuppertal, was ich im positiven Sinne als ungewöhnlich betrachte, schließlich ist Wuppertal nun nicht Berlin, aber dennoch eine Stadt, die jedem ein Begriff ist. 2/4

UMSETZUNG An der Umsetzung gefiel mir neben dem Aspekt, dass die Geschichte sowohl in der späten Kriegszeit als auch um 1980 herum spielt, auch besonders der damit verbundene historische Betrachtungswinkel, der wirklich gelungen ausgearbeitet ist. Die Kapitel haben eine sehr angenehme Länge und es fällt als Leser leicht, sich in die Geschichte einzufinden. 4/4

SCHREIBSTIL Der Schreibstil ist sehr flüssig. Gefehlt haben mir zeitweise die großen Emotionen der Nachkriegszeit und der damit verbundenen Erleichterung wie auch das Gefühl, dass die Liebe zu Georg wirklich echt ist. Als Leser fiel es mir schwer, nachzuempfinden, warum Georg und Johann zu dessen Lebzeiten als vermeintlich beste Freunde so wenig Kontakt haben, dass Lissi sich kaum an ihn erinnert. Der damit einhergehende Konflikt wird überhaupt nicht aufgegriffen: Lissi hat zu keinem Zeitpunkt Gewissensbisse oder Schwierigkeiten damit, dass Georg und Johann einst gute Freunde waren, die sich für beide offensichtlich wie Bruderschaft angefühlt hat. Der Teil des Romans, der von der späten Kriegszeit erzählt, zeugt durch Lissis junges Alter eher von kindlicher Unschuld. Auch hier bleiben große Gefühle eher aus, vielmehr wird vergleichsweise nüchtern von Lebensmittelknappheit, Mangel an Wohnraum und amerikanische Hilfsmaßnahmen berichtet. 3/5 

CHARAKTERE Lissi war mir von Beginn an sehr sympathisch. Besonders spannend ist es, sie sowohl durch das Ende ihrer Kindheit und ihre Jugendzeit als auch als reife, erwachsene Frau in verschiedenen Welten erleben zu können. Auch Nebencharaktere wie Anna und die liebevolle Tante Helene sind mir schnell ans Herz gewachsen, während Miriam sich auf den Kopf hätte stellen können und ich nicht davon zu überzeugen gewesen wäre, dass ihre Intentionen ehrlich sind. Bei dem Charakter Paul konnte ich die Intentionen nur sehr schwer einschätzen, zumal er in der Geschichte teilweise etwas fehl am Platz wirkt. 2/3

GESAMTEINDRUCK Es kann sich lohnen, sich auf Neues einzulassen: Das habe ich durch den historischen Roman "Der Himmel am nächsten Morgen" von Ira Laudin gelernt. Ich konnte den Roman kaum aus der Hand legen und habe die spannende Liebesgeschichte von Johann und Lissi gerne gelesen. Gefehlt haben mir in den 1980er Jahren die Schwierigkeiten der vermeintlich unpassenden Liebelei mit Georg und damit verbundene Emotionen. Ebenfalls schade fand ich, dass dem Handlungsstrang, der in Verbindung zu Max steht, dem Freund von Lissis' Cousin, nicht weiter nachgegangen wird. Insgesamt ein Roman, den ich in Rekordtempo gelesen habe, nicht zuletzt, weil mich die Geschichte des Waisenkindes Lissi im Kern berührt hat und ich mitgefiebert habe, dass Lissi ihr Glück finden möge.  

14/25 - Ein flüssiges, romantisches Debüt, das den historischen Aspekt wunderbar aufgreift.



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