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19. Februar 2024

UNGEWÖHNLICH UND PHILOSOPHISCH: REZENSION "VOM MUT, DAS GLÜCK ZU SUCHEN" VON FABIO GENOVESI



INHALT Als wäre die Tatsache, dass er Jura studiert, obwohl ihn das Fach gar nicht interessiert, nicht schon schlimm genug, wird Fabio auch noch in den Zivildienst berufen. Dabei wollte er nach Sevilla und ein Mädchen kennenlernen. Stattdessen soll er als Erzieher in die Apuanischen Alpen. Schon kurz nach seiner Ankunft merkt Fabio jedoch, dass es in dem (fast) menschenleeren Kloster schon lange keine Schule mehr gibt, sondern nur einen eigenwilligen 80-jährigen Priester im Jogginganzug … 

ERSTER SATZ Der schönste Sommer meines Lebens war der 10. Dezember 1982.

Vielen Dank an den Penguin-Verlag für die Zusendung dieses tollen Rezensionsexemplars!

MEINE MEINUNG Der philosophisch geprägte Roman des italienischen Autors Fabio Genovesi macht sich auf kraftvolle Weise auf die Suche nach dem Sinn des Lebens. Genovesi nutzt die Erzählung, um das Jahr 1998 aus seiner eigenen Perspektive zu beleuchten. Er sehnt sich nach einem unbeschwerten Sommer, ohne Einschränkungen, Regeln oder Gedanken an sein Jura-Studium, das er auf Umwegen begonnen hat und das ihm keinerlei Glück bringt. Seine Freunde erwarten ihn in Spanien und schicken Postkarten mit verschwommenen Worten durch den Alkohol, die Genovesi neugierig auf das bevorstehende Abenteuer machen.

Seine Träume von einem besonderen Sommer an der spanischen Küste werden abrupt zerschlagen, als er zum Zivildienst einberufen wird und sich in einem verlassenen Kloster wiederfindet. Dort gibt es außer zwei Priestern, von denen einer vergesslich und der andere griesgrämig ist, nur noch eine Köchin und deren Tochter, die sich verhält wie ein Huhn. Es ist eine skurrile Gemeinschaft, und Genovesi wünscht sich nichts mehr, als diesem Irrenhaus schnell zu entkommen.

Mit Interesse und Leidenschaft verfolgt er die Radrennen des Sommers: den Giro d'Italia und später die Tour de France. Die Beschreibungen der Sportevents, die im Klappentext nicht erwähnt werden, waren für mich eine angenehme Überraschung, besonders da man nicht anders kann, als mit dem aufstrebenden Talent Marco Pantani mitzufiebern.

Der Roman erinnert vor allem zwischen den Zeilen an die eigentlichen Lehren des Lebens, an seine Vergänglichkeit und Sanftheit, wenn man an den richtigen Stellen sucht. Die eigentliche Handlung könnte in wenigen Seiten abgehandelt werden, doch das ist nicht die eigentliche Botschaft dieses Romans.

Zwischen der Leidenschaft für den Radsport und seinem eigenen Unglück ist Genovesi gefangen in eigenen Denkmustern. Durch sein damaliges, jüngeres Ich, das er durch eingestreute Szenen, Sätze und Wortspiele wieder aufruft, erinnert er seine Leser an die Bedeutung des Lebens. Eine sehr ungewöhnliche Freundschaft wirft einen anderen Blick auf die kleinen und großen Fragen des Lebens.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich und definitiv gewöhnungsbedürftig, da oft viele Themen gleichzeitig angesprochen werden und es manchmal nicht leicht ist, mit Genovesis Gedanken Schritt zu halten. Dennoch hat mich der Roman fasziniert, und ich war gespannt auf den Ausgang der Geschichte, der sich für mich bereits zuvor abgezeichnet hatte.

Das wahre Talent des Autors zeigt sich für mich in einzelnen Passagen, wie ich sie seit langer Zeit nicht mehr gelesen habe. Mit philosophischem Feingefühl begibt sich Genovesi mal direkt, mal auf Umwegen, auf die Suche nach dem Sinn der menschlichen Existenz und dem damit verbundenen Glück.

Ein entschleunigter Roman für ruhige Tage, der zum Nachdenken anregt und Anlass für eine Umkehr in bestimmten Lebensfragen bietet.

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