4. März 2024

SKURRILE EREIGNISSE IM BAYERISCHEN WALD: REZENSION "WOLFSGIER" VON MAX KORN


HANDLUNG Wandern, den Kopf frei bekommen. Eine raue, noch unberührte Landschaft auf sich wirken lassen. Nicht groß vorausplanen. Abenteuer fühlen. All das schwebte Simon und Maggie vor, als sie zu zweit mit dem Wohnmobil Richtung Bayerischer Wald aufbrachen. Doch als die beiden auf einer einsamen Straße durch den Tann ein Tier anfahren, nimmt ihr Urlaub plötzlich eine unheilvolle Wendung. Simon und Maggie melden den Unfall in der nächsten Ortschaft. Von den Bewohnern des Dorfes werden sie misstrauisch beäugt. Eine Bedrohung liegt in der Luft, die schon bald darauf greifbar wird. Denn als Simon in Begleitung von zwei örtlichen Polizisten an die Unfallstelle zurückkehrt, erwartet ihn eine böse Überraschung. Alles deutet daraufhin, dass er diesen Ort so schnell nicht wieder verlassen wird. Und dann verschwindet auch noch Maggie spurlos ...

ERSTER SATZ Der Schlag war dumpf. 

Vielen Dank an den Heyne Verlag für dieses spannende Rezensionsexemplar!

MEINE MEINUNG Dieser spannende Krimi von Max Korn hat mich vor allem aufgrund des Settings im mir bekannten Bayerischen Wald angesprochen. Einmal begonnen konnte ich den Roman kaum aus der Hand legen und war überrascht über die zahlreichen Wendungen der Ereignisse. 

TITEL Der Titel ist spannend, gut gewählt und verspricht eine temporeiche Geschichte. 2/2

COVER Das mystisch angehauchte Cover transportiert die Dunkelheit des Waldes und ist eine gelungene Darstellung der Eingangsszene. 2/3

INHALTSANGABE Die Inhaltsangabe lässt den Leser bereits erahnen, dass Maggie und Simon einen entspannten Urlaub in der Natur planen, fernab von jeglichem Stress im Job. Schnell wendet sich das Blatt, als ein Tier vor das Wohnmobil läuft und Maggie und Simon sich plötzlich auf einer verlassenen Straße ohne Handy-Empfang wiederfinden. Macht definitiv Lust auf mehr, der letzte Satz hat für meinen Geschmack etwas viel vorweggenommen. 3/4

IDEE Eine sehr interessante Idee, vor allem eingebettet in ein nicht unbekanntes, deutsches Setting. Im Laufe des Romans eröffnen sich skurrile Handlungen, die ich definitiv nicht erwartet habe. Alles in allem habe ich hier Probleme mit den einzelnen Fragmenten, die sich nicht wie ein Puzzle zusammensetzen, sondern manchmal etwas deplatziert wirken. 2/4 

UMSETZUNG Untermauert von den zwei schrägen Polizisten, die, im Gegensatz zu Maggie und Simon, des Bayrischen Dialekts mächtig sind, bietet sich dem Leser in "Wolfsgier" ein sehr skurriles Bild, auf das man als Leser vorbereitet sein sollte. Bis zuletzt war ich nicht sicher, wohin sich die Geschichte entwickelt. Die Motive und Handlungen von Simon sind für mich mehr Fragezeichen als wirklich sinnvoll, sodass vor allem das sehr sonderbare Ende auf einer Skala von originell bis exzentrisch eher bei Letzterem einordne. 1/4

SCHREIBSTIL Der Schreibstil ist angenehm und schnell zu lesen, lässt aber jeglichen Tiefgang vermissen. Ein sehr klassischer, punktgenauer Stil, der wenig Raum lässt für Interpretation. Die Geschichte ist vorrangig aus der Sicht des personalen Erzählers verfasst, sodass wir Protagonist Simon auf der Suche nach seiner Ehefrau beistehen. Für mich hat das gewisse Etwas gefehlt, eine auf den Autor bezogene Eigenheit habe ich vermisst. 2/5

CHARAKTERE Simon ist sehr genau und penibel. Mit dem Urlaub in Bayern will er mit den Wanderschuhen jenen Kilos, die er zu viel auf den Rippen trägt, zu Leibe rücken. Er arbeitet viel und merkt gleichzeitig, dass die Ehe mit Maggie nicht ganz dem entspricht, wie er es sich vorgestellt hat. Maggie, die laut seiner Aussage eigentlich viel zu hübsch und interessant für ihn ist, ist Fotografin und ein echter Freigeist. Beide Charaktere bleiben für mich insgesamt zu flach, mit beiden gelingt mir keine Verbindung. Die Nebencharaktere verhalten sich sehr atypisch und fallen durch jedes Schema. 0/3

GESAMTEINDRUCK Vor allem zum Ende hin sind die sich überschlagenden Ereignisse Anlass zum Stirnrunzeln. Wo ich anfangs einen ernsten Krimi vermutet habe, bahnen sich skurrile Elemente an, die mich in Teilen an die Heimatkrimi-Reihe erinnern - allerdings eher wie ein misslungener Abklatsch davon. Humorvolle Elemente vermisst der Leser hier vergeblich, vielmehr lassen sich die Ereignisse und die Auflösung der Geschichte als bizarr beschreiben, zumal einige Fragen unbeantwortet bleiben, sodass ich vor allem bei der Umsetzung (auch hinsichtlich der Ausarbeitung der Charaktere) nicht ganz zufrieden war. Nichtsdestotrotz habe ich den Roman kaum aus der Hand legen können, weil mich die Geschichte gefesselt und so durchaus ihre Daseinsberechtigung erkämpft hat. Wer an diese Geschichte mit etwas Offenheit herangeht und Lust auf eine unkonventionelle Polizeigeschichte hat, ist mit diesem Roman richtig beraten. Wer den Bayerischen Wald kennt, wird seine Freude haben, einige bekannte Städte im Buch (zumindest als Erwähnung) wiederzufinden. 

12/25 - Ein skurriler Krimi mit Setting Bayerischer Wald. 

SPOILERALARM Du hast das Buch noch nicht gelesen und hast es vor? Dann empfehle ich dir, an dieser Stelle nicht weiterzulesen, da ich im Folgenden noch einige Gedanken zu konkreten Handlungen teile, die dir den Lesespaß und etwaige Plottwists potenziell vorausnehmen. 

Das Ende war für meinen Geschmack sehr durcheinander und zu offen. Wir erfahren, dass Maggie sich klammheimlich davonstiehlt und abtaucht, während Simon seine Ehefrau nicht wirklich zu suchen scheint. Der Aspekt, dass er sich wundert, dass eine Frau wie Maggie ausgerechnet ihn geheiratet hat, ist grundsätzlich eine interessante Idee, die aber nicht ausreichend ausgearbeitet wird. Die Interaktion der beiden war so kühl, dass ich als Außenstehender nie auf die Idee gekommen wäre, diese beiden Personen könnten verheiratet sein. Als Maggie spurlos verschwindet, nachdem die Ereignisse sich auf das Verschwinden des angefahrenen Wolfs folgend regelrecht überschlagen, wirkt Simon für meinen Geschmack herzlich wenig interessiert. 

Zum Ende des Romans erzwingt der Autor eine überdramatisierte Flucht, bei der Simon "das rohe Fleisch" seiner Fußsohlen mit jedem Schritt spürt, während Maggie aufgrund von vom Tierarzt gespritzten Mittelchen seltsame Erscheinungen hat, die den Leser offensichtlich auf die Fährte führen sollen, sie könnte sich in einen Werwolf verwandelt haben. Zumindest diese Angst meinerseits hat sich glücklicherweise nicht bestätigt, dann hätte ich den Roman vielleicht an Ort und Stelle zugeklappt. Allein die Erwähnung fand ich eher unpassend und an den Haaren herbeigezogen.

Generell sind viele einzelne Elemente in diesem Roman sehr skurril und für mich insgesamt zu unrund. Die Auflösung ist verworren und seltsam, der Epilog wenig erhellend, sodass das Ende für mich zu unbefriedigend war. Das kaputte Wohnmobil stellt Simon ohne jegliche Erklärung vor dem Haus seines Schwagers, dem Besitzer, ab. Dass niemand nach Maggie, die ja offensichtlich eine neue Identität annimmt und ein neues Leben beginnt, sucht, ist für mich ein einziges Paradoxon, für das sich weder Simon noch Maggie' Familie zu interessieren scheint. Max Korn hat viele Fragen unbeantwortet gelassen, sodass ich, obgleich ich dem Buch bis zur Auflösung noch sehr offen begegnet bin, vor allem das Ende eher enttäuschend fand. 

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