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22. März 2018

WIE WAR EIGENTLICH ... DAS SCHRIFTLICHE ABITUR 2018 IN HESSEN?

EIN AUSFÜHRLICHER ERFAHRUNGSBERICHT

Willkommen! Ich weiß, ich habe mich ganz schön lange nicht sehen lassen. Das lag daran, dass ich mit etwas anderem beschäftigt war. Wie ihr im Titel schon erkennen könnt, war meine Abwesenheit mit dem Abitur verbunden, welches in Hessen in diesem Jahr - im Vergleich zu anderen Bundesländern - recht früh stattgefunden hat. Meine schriftlichen Prüfungen habe ich hinter mir, ich habe mich natürlich in meinen beiden Leistungskursen Deutsch und Englisch prüfen lassen und zusätzlich Mathe gewählt, da die Naturwissenschaft Pflicht ist und ich so oder so nicht um sie herumgekommen wäre. Als mündliche Prüfungen stehen für mich Ende Mai dann noch Kunst und Religion an.

Heute soll es aber um meine schriftliche Englisch-Prüfung gehen und darum, wie ich diese wahrgenommen habe. Ihr solltet wissen, dass ich ungefähr eine Woche vor meinem Abitur krank geworden bin - und mit Erkältung, Fieber und Migräne gekämpft habe, weshalb die Vorbereitung weniger intensiv ausfiel, als ich es mir vorgestellt und geplant hatte. In den kommenden Tagen werden noch weitere Posts zu dem Thema kommen, beispielsweise zum Deutsch-Abi und meine Überlebenstipps, mit denen man jedes Abitur meistert.

WIE WAR EIGENTLICH ... DAS ENGLISCH-ABITUR 2018 IN HESSEN?


Am Abend davor: Aufgeregt. Das Herz klopft bis an den Anschlag. Tapfer wirke ich meiner Erkältung und dem Fieber mit Antibiotikum, Soledum und Schmerzmittel entgegen.

Der Morgen davor: Aufgeregt? Ja. Aber irgendwie auch froh, dass es endlich losgeht, nachdem man 12 Jahre daraufhin gearbeitet hat. Man will endlich die Prüfungen vor sich haben.

Zwei Minuten davor: Allgemeine Anspannung. Alle Handys zuhause? Die dürfen nicht mit ins Abi! Unsere Lehrerin wartet mit uns auf die Oberstufendirektorin, während sie auf dem Arm liebevoll die Abiklausuren umarmt hält. Reinspicken absolut unmöglich (und moralisch ohnehin natürlich verwerflich). Die Oberstufendirektorin kommt endlich die Treppen nach oben, lässt uns unsere Tischnummern ziehen - ich bin Nummer 12 - und wir dürfen in den Raum.

ES GEHT LOS ... Nachdem ich panisch meinen Tisch gesucht und auch gefunden habe, breite ich meinen Hausrat darauf aus. Mit dabei sind Laugenstangen, 2 Bananen, mehrere Schoko- und Energieriegel, eine Kanne Tee, fast zwei Liter Wasser und natürlich mein Care-Paket von Mama mit 3 verschieden Arten von Hustenbonbons, Vitaminpräparat, noch mehr Schmerzmittel und ungefähr so vielen Taschentüchern, um einen Allergiker ein Leben lang zu versorgen. Angezogen bin ich in cleverer Zwiebelschicht - Unterhemd, gemütlicher Langarmpulli plus Sweatshirtjacke, Schlauchschal und Jacke. Die Jacke und Tasche müssen nach hinten gelegt werden, die Sweatshirtjacke werde ich nach 10 Minuten ausziehen und achtlos irgendwo hinfallen lassen.
Sporadische Einführung. 
Sind wir alle gesund (haha)? Ja, sind wir. 
Fühlen wir uns in der Lage Abitur zu schreiben? Jaaaneinaaa. 
Bloß nicht spicken, das könnte ziemlich schlimm ausgehen. 
Alles klar? Super, na dann viel Erfolg.
Unsere Lehrerin teilt die Vorschläge aus. Sobald man das Papier in der Hand hat, der Gedanke: fu**, das hier ist mein Abitur. Jetzt kommt es drauf an.
Nach 3 Sekunden weiß ich, dass ich Vorschlag B will. Trotzdem alle Vorschläge inklusive Texte lesen? Ich entscheide mich für ja. 25 Minuten später weiß ich dadurch immerhin, dass Vorschlag B tatsächlich der ist, den ich auswähle.
Thema: skin colour. Operatoren: Describe, Compare, Discuss.
Schade: kein Vorschlag mit kreativem Schreiben dabei. Auch gut, dann eben nicht.
 
Vorschlag A: Romeo and Juliet, Vorschlag C: Mediation, fliegt eigentlich raus ohne groß darüber nachdenken zu müssen.
Nochmal nachdenken. Nicht doch lieber A? Nein, einfach mal auf sich selbst und das Bauchgefühl vertrauen.
Ich entwerfe einen Zeitplan.
Rest der Auswahlzeit: schnelles Brainstorming, dann 4 Stunden Aufgaben bearbeiten (1/2/1) und 1 Stunde Korrekturlesen und Wörter zählen.
Gesagt getan.
Das Brainstorming reicht in die erste, richtige Stunde, hinein. Als die Lehrerin die nicht gewählten Vorschläge einsammelt, kurzer Blick zu einer guten Freundin. Sie formt mit den Lippen ein "A" und will wissen, was ich genommen habe. Ich forme ein lautloses "B". 
Sie: verwirrter Blick. Was ich verstehe: du hast dich falsch entschieden. 
Ich: Innerlich aus dem Fenster gesprungen und nochmal Vorschlag A an mich herangerissen. Maximal 10 Sekunden sind übrig, um mich umzuentscheiden. Kritischer Blick auf beide Vorschläge.
Bauchgefühl, Bauchgefühl, Bauchgefühl! Vertrauen, durchatmen, A und C abgeben. Endgültig B.
Ich missbrauche das Konzeptpapier und kritzele es mit allem Möglichen voll: Linking words von denen mir im Laufe der Zeit noch mehr einfallen werden (trotzdem benutze ich gefühlt nur zwei - und zwar Although und As a result).

Aufgabe 1: Nimmt mehr Zeit in Anspruch als geplant, löst leichte Panik aus.
Aufgabe 2: Nimmt noch mehr Zeit in Anspruch als geplant, löst starke Panik aus.
Aufgabe 3: Nimmt nochmal mehr Zeit in Anspruch als geplant, löst endgültig Panik aus.

Generell aber die Erkenntnis: Es stimmt, was alle sagen. Abitur ist nichts anderes als eine Klausur, nur irgendwie cooler im Hinblick darauf, dass man sich aussuchen kann, was man bearbeitet und nicht einfach eine Mediation auf den Tisch geklatscht bekommt. Die Zeit vergeht ungefähr doppelt so schnell wie sonst und man hat das Gefühl, man kommt mit dem Schreiben nicht hinterher.
Blick auf die Uhr ist eigentlich unnötig, spätestens nach einer Stunde habe ich jegliches Gefühl verloren und schon lange keinen Überblick darüber, wann wir abgeben müssen.
Tausend Gedanken wollen sich zwischen die wichtigen Inhalte drängeln. 
Was es darauf wohl als Note gibt, wäre ein anderes Linking word hier nicht besser und überhaupt - was haben die anderen für Vorschläge gewählt?
Zwischendurch: Mehrmals wechselt die Aufsicht, eigentlich relativ problemlos. Die letzte Aufsicht (bevor unsere Lehrerin für die Abgabe zurückkommt) trägt Schuhe, die auf dem Boden quietschen.
Quietsch, Quietsch. Quietsch, Quietsch! QUIETSCH QUIETSCH!!!
Ich kann quietsch nicht mehr quietsch denken quietsch. BITTE SOLCHE SCHUHE ZUHAUSE LASSEN, LIEBE LEHRER.
Meine Verzweiflung resultiert darin, dass ich eine Laugenstange esse, als hätte ich alle Zeit der Welt. Irgendwie aber nicht, wie ich feststellen muss. Ich stürze mich planlos in Aufgabe 3, verzettele mich total und verrenne mich in ein Argument, wiederhole mich mehrmals um dann einen halbwegs anständigen Schlusssatz auf die Reihe zu bekommen. Zeit ist fast vorbei, Korrekturlesen (angesetzt für 45 Minuten) wird in 12 Minuten gequetscht. Ganz reicht es mir nicht - dabei hätte die letzte Aufgabe wohl am dringendsten eine Korrektur nötig gehabt. Einen peinlichen Fehler habe ich gefunden, ansonsten nur meine unleserliche Schrift hie und da ausgebessert, hoffend auf fähige Lehreraugen.
Das Wörterzählen dauert länger als geplant. Als Vorletzte gebe ich schließlich ab und atme tief durch. Das wars, erste Prüfung gelaufen.
 
Gefühl danach: Hauptsache vorbei.

Zwei Stunden später: Gewissheit, einiges vergessen zu haben. Gewissheit, dass der Stil nicht perfekt gesessen hat und ich zu viele Vokabeln nachschlagen musste.
Ändern? Kann ich nichts mehr. Muss mich wohl mit dem Ergebnis abfinden müssen.

Zwischendurch: Die dümmsten Fragen, die auf dem Planeten Erde jemals in Erwägung gezogen wurden, werden gestellt und strapazieren meine Nerven unnötig. 
"Frau ***, muss man bei Aufgabe 1 auch schon Material aus dem Unterricht einbeziehen?"
"Herr ***, können Sie mir sagen warum der Autor das groß geschrieben hat? Muss ich das auch groß schreiben?"

FAIL DES TAGES (aka die Frage, welche Auswirkungen Anspannung auf einen Menschen hat): Meinen Namen falsch auf das Deckblatt geschrieben. Ich kommentiere es gar nicht erst. Aber ja, ich habe meinen Namen falsch geschrieben.
 

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