BUCHREZENSIONEN. FILMKRITIKEN. ZITATESAMMLUNGEN.

24. Mai 2024

REZENSION "POWERLESS - DAS SPIEL" VON LAUREN ROBERTS

 
ERSTER SATZ Eine zähe, warme Flüssigkeit rinnt über meinen Arm. 

HANDLUNG Ein Jäger. Eine Gejagte. Seit eine Seuche den Menschen im Königreich Ilya magische Fähigkeiten verliehen hat, wird jeder gejagt, der ohne Kräfte geboren wird. Dank ihres nicht-magischen Talents, andere lesen zu können, gelang es Paedyn Gray sich bislang in den Gassen Ilyas zu verstecken. Doch dann rettet sie ausgerechnet Prinz Kai das Leben und gerät so ins Visier des Königs. Dieser macht sie zur Kandidatin eines gnadenlosen Wettbewerbs, bei dem die Teilnehmer ihre Kräfte zur Schau stellen und im Kampf einsetzen. Wie soll Paedyn das überleben? Denn falls sie nicht von ihren Gegner oder den zahlreichen Fallen getötet werden sollte, wird Prinz Kai sie umbringen, sobald er herausfindet, wer sie wirklich ist ...

Vielen Dank an den penhaligon Verlag für dieses spannende Rezensionsexemplar!

MEINE MEINUNG Da ich gerade sehr gerne Fantasy-Bücher lese, hat auch "Powerless" schnell meine Aufmerksamkeit erregt. Der Roman erscheint erst im August in der Druckversion. Wer schon vorher Lust zum Lesen hat und nicht mehr so lange warten möchte, kann wie ich zum e-Book greifen, das bereits im April erschienen ist. 

TITEL Paedyn lebt inmitten der sogenannten Eliten, die mit magischen Kräften gesegnet sind. Sie selbst besitzt keine solche Kraft, ist im wahrsten Sinne des Wortes "powerless". Eine gelungene Anspielung. 2/2

COVER Vergissmeinnicht zieren zusammen mit einem Dolch das Cover des ersten Bandes. Mir fehlt der Wiedererkennungswert. 1/3

INHALTSANGABE Die spannende Inhaltsangabe fasst den Kern des spannenden Fantasy-Romans kurz zusammen und macht Lust auf mehr. 3/4

IDEE Eine Seuche, die das Königreich von Ilya heimgesucht hat, löschte in der Vergangenheit die Menschenleben der Schwächeren aus. Übrig geblieben sind Menschen, die, mit magischen Kräften ausgestattet, das Überleben des Volkes sicherten. Gewöhnliche sind dem Königreich dabei ein Dorn im Auge und werden vom Vollstrecker des Königs erbarmungslos hingerichtet. Paedyn ist eine von ihnen und hat es bisher erfolgreich geschafft, in den Slums der Stadt ein einfaches Leben als Diebin zu führen. Durch einen Zusammenstoß mit dem Vollstrecker gerät sie in das Visier des Königs und wird als Kandidatin für die Herausforderungen erwählt, in denen sich die stärksten Eliten miteinander messen. Die einzelnen Puzzleteile haben mir gut gefallen, auch wenn das ungute Gefühl aufkommt, die Autorin hat ganze Teile der Geschichte bei bekannten Fantasy-Reihen abgekupfert. 1/4

UMSETZUNG Die Geschichte nimmt über die Dauer der etwa 650 Seiten nur langsam an Fahrt auf. Die vom König ausgerichteten Spiele erinnern mich teilweise stark an die Reihe Tribute von Panem, die einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen hat, weswegen ich diese Parallelen mit mulmigem Gefühl beäugte. Die blutigen Kämpfe beschreibt die Autorin gekonnt, allerdings füllen sie auch problemlos mehrere Seiten am Stück. Sehr gut gefallen hat mir die Beziehung zu den zwei Prinzen Ilyas, die sich beide nur langsam entwickeln. Bei mir kam das Gefühl auf, dass die Autorin alle gehypten Tropes bedienen will - was allerdings nicht zu 100 Prozent klappt. 2/4

SCHREIBSTIL Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig zu lesen, die Perspektive wechselt zwischen Paedyn und Prinz Kai, was wunderbar deren unterschiedlichen Motive, Gedanken und Ängste beleuchtet.  Desweiteren kommt Powerless (zumindest Band 1) ohne spicy Szenen aus, was in aktuellen Fantasy-Romanen eher selten vorkommt. Das heißt aber nicht, dass wir die Charaktere nicht in intimen und verletzlichen Situation erleben. Zuweilen scheint der Fokus heutzutage oft darauf gelenkt zu werden; in "Powerless" gelingt es Autorin Lauren Roberts aber trotzdem sehr gut, Nähe zwischen den Charakteren aufzubauen. 3/5

CHARAKTERE Die Bedeutung des sehr ungewöhnlichen Vornamen Paedyn - stark und mutig - passt perfekt zu unserer Protagonistin. Ihre Kindheit und Jugend haben sie Stärke gelehrt und auch das Kämpfen ist ihr nicht unbekannt. Paedyns Beziehung zum Prinzen Kai, dem Vollstrecker des Königs, ist ein ganz klassischer Slow Burn, der einfach Spaß macht. Stehen sie anfangs noch vollends auf Kriegsfuß, erkennen beide schnell, dass die Stärke des jeweils anderen anziehend wird. Sowohl Kai und Kitt haben ihre ganz eigene Geschichte, die sich sinnvoll am Rest des Roman orientiert. Gerne hätten die individuellen Hintergrundgeschichten mehr ins Detail gehen dürfen. Auch eine Erwähnung wert ist Paedyns' Freunschaft zu der Näherin Adena, über die ich gerne mehr erfahren hätte. 2/3

FAZIT Die Idee zu diesem Roman wirkt sehr abgekupfert, Lauren Roberts holt sich Inspirationen von anderen bereits existierenden Reihen, sodass es zum Beispiel einige unbestreitbare Parallelen zu Tribute von Panem oder Die Rote Königin gibt. Der Aufbau der Welt ist zu schwammig, es bleiben einige Fragen offen. Die vermeintlich magischen Kräfte sind scheinbar völlig wahllos verteilt? Warum? Für einen Debütroman hat Lauren Roberts schon Vieles richtig gemacht, aber sich zu stark beeinflussen lassen vom Erfolg anderer Fantasy-Reihen. Die eigene Originalität sollte bei künftigen Romanen im Vordergrund stehen.

14/25 - Verschenktes Potenzial.

SPOILERALARM Du hast das Buch bereits gelesen und bist gespannt, wie ich die Plottwists bewerte? Oder du hast kein Interesse, den ganzen Roman zu lesen und hast keine Angst davor, in den folgenden Absätzen gespoilert zu werden? Dann lies gerne weiter!

Was diesen Roman spannend macht, ist die Tatsache, dass Paedyn ihre nicht vorhandenen Fähigkeiten vor den anderen Teilnehmern der Spiele verbergen muss. Als "Gewöhnliche" kann sich der Leser mit ihr natürlich gut identifizieren, was dazu einlädt, in ihre Rolle zu schlüpfen. Es ist nur eine Kleinigkeit, hat mich aber total auf die Palme getrieben: Dass Kai Paedyn ständig sarkastisch "Schätzchen" nennt, erinnert mich an einen fünfzigjährigen Narzissten, der seine Frau bevormundet. It's a BIG NO from me. 

Mir ist nicht recht klar, warum Adena am Ende der letzten Herausforderung (die mich übrigens an ACOTAR erinnert hat) sterben muss. Der König gesteht Paedyn später, dass er bereits seit längerer Zeit wusste, dass sie eine Gewöhnliche ist. Es erscheint mir an den Haaren herbeigezogen, dass er sie nicht sofort töten lässt - vor allem, wenn man bedenkt, dass er selbst unschuldige Kinder gnadenlos umbringen lässt, wenn sie ihre Gewöhnlichkeit offenlegen. 

Dass Paedyn den König tötet, war für mich eine echte Genugtuung. Es ist mit eine der letzten Szenen, doch statt ihm einfach den Dolch ins Herz zu stoßen, geht es zwischen Paedyn und dem König noch nervenaufreibend hin und her. Die "Plaudereien" hätte sich die Autorin für meinen Geschmack sparen können, sind aber für Paedyn durchaus aufschlussreich, denn sie erfährt, dass nicht der König, sondern Kai ihren Vater getötet hat. Das ist eine aufregende Wendung der Ereignisse. Ich fand es schade, dass es ihr ausgerechnet in diesem Moment wie Schuppen von den Augen fällt, nachdem sie sich im ganzen Roman an den grünen Augen des Königs aufhängt und sich selbst von Kitt, der laut Paedyn die gleichen Augen hat, anfangs bedroht fühlt. 

Nichtsdestotrotz hat die Autorin mit der Wendung der Ereignisse so viel losgetreten, dass ein zweiter Band natürlich unabkömmlich ist: Paedyn hat das Vertrauen des Prinzen Kitt missbraucht, um dem Widerstand zu helfen, die Sicherheit der Gewöhnlichen zu garantieren. Der unbarmherzige Hass, den er in Blicken zu ihr herüber schickt, ist mehr als verständlich, nachdem sie ihn so gnadenlos ausnutzt. Sehr spannend ist der Aspekt, wie sehr dieser Bruch sie selbst schmerzt. Auch das Vertrauen zu Kai verliert sie in dem Moment, in dem sie seinen Vater tötet. Er lässt sie aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit laufen, aber schwört ihr Rache. 

Der Roman endet mit dem Auftrag, Paedyn in den Palast zu bringen. Die Wut der beiden Brüder, von denen nun einer den Thron besteigen musste, ist ein spannender Aufhänger für den Folgeband. 

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